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2019

Team Matthias-Pullem-Haus

Patin: Melanie Hoffmann

Meine Geschichte über das Matthias Pullem Haus:

Als ich Anfang Mai 2014 in dem Haus anfing war ich nur eine Pflegehelferin, noch unbeholfen, obwohl ich schon mehrere Jahre als Pflegehelferin tätig war. Doch das Haus war das erste Haus in meinem Leben, das mich so genommen hat wie ich bin. Ich selbst habe eine Schwerbehinderung von 100% welche ich mein ganzes Leben lang behalten werde. Als ich nach einer Ausbildung zur examinierten Altenpflegerin suchte habe ich von mindestens 150-200 Bewerbungen 99% Absagen bekommen. Teilweise bekommt man dann wirklich ins Gesicht gesagt, dass man wegen der Schwerbehinderung nicht genommen wird. Mein Letztes Vorstellungsgespräch war tatsächlich im Matthias Pullem Haus, wo ich beim ersten Termin gar nicht hin wollte und dann auch anrief und absagte. Die PDL hat mir sofort einen neuen Termin gegeben und ich dachte mir: ach komm, wieso nicht! Es ist das Letzte Gespräch, wird schon schief gehen. Ich erinnere mich an das Gespräch als wäre es gestern gewesen. Soweit so gut. Eine Woche später bekam ich die Zusage zum Start der Ausbildung *juhuu*. Ende April rief mich meine PDL an und fragte mich, ob ich vorher als Pflegehelferin dort arbeiten möchte um schon mal einiges kennenzulernen. Ich willigte ein und somit begann meine Laufzeit in diesem Haus. Nach den 3 Monaten als Pflegehelferin sollte die Ausbildung starten. Zu dem Zeitpunkt habe ich noch auf einem anderen Wohnbereich gearbeitet und sollte dann für meine Lehrjahre auf den WB1 kommen. Auf dem Wohnbereich wo ich dann angefangen habe, gab es eine Unterschriftensammlung für mich von Seitens des Bewohnerbeirats, damit ich das 1. Lehrjahr bei ihnen bleiben konnte. Meine Chefs fanden das so super und herzergreifend, dass sie einwilligten. Aber der Tag kam. Ich kam ins 2. Ausbildungsjahr und musste den Wohnbereich wechseln. Für meine Bewohner die ich alle sehr lieb gewonnen hatte tat es mir Leid, dass ich gehen musste. Aber ich dachte mir auch: Ok, neuer WB, neue Erfolge. Und so war es auch. Die restlichen 2 Lehrjahre waren keine Herrenjahre (sagt man ja oft gern).. Ich wurde einer Praxisanleiterin zugeteilt, die mit viel Herz aber wenig Verstand im Beruf dabei war. Die Kollegen haben mich super aufgenommen. Von allen habe ich gelernt. Und selbst wenn ich mal mit Entscheidungen seitens meiner WBL nicht klar kam sprach ich dies an und wurde nicht sofort kritisiert.
Da aber leider (wie es ja auch viele kennen) für Schüler und Praktikanten kaum noch Zeit bleibt geschweige denn das eine ordentliche Einarbeitung gibt, habe ich zum Ende hin eine Gefährdung meines Examens gesehen. Ich sprach mit meiner WBL, mit der PDL und dann irgendwann mit unserer Direktorin. 3-4 Monate vor meiner praktischen Prüfung fing es dann endlich an, was ich so lange ersehnt habe: Prüfungssimulationen. Einmal die Woche, immer ein anderer Bewohner. Geprüft wurde ich von der PDL und unserer WBL. Hätte ich diese Prüfungssimulationen nicht gehabt wäre ich wahrscheinlich durchgefallen. Und bei meiner Prüfung war auch  nicht meine Praxisanleiterin anwesend (obwohl sie im Dienst war), nein, meine WBL war dabei, Die mir dann auch noch bei kleineren Dingen so sehr geholfen hat, dass ich mich nur noch freuen konnte. Nach der Prüfung haben wir alle zusammen im Team in Ruhe zusammen gefrühstückt und über das gesprochen was passierte. Mir ist so eine Last von den Schultern gefallen. Ich war sogar die Erste meines Kurses, die die praktische Prüfung hatte. Ich konnte nicht mal einen meiner Mitschüler fragen wie es gelaufen war, weil noch niemand die Prüfung hatte. Ich hab mich mit den Prüfungen sehr schwer getan. Ich bin auch weder mit einem 1er noch mit einem
2er Examen durchgekommen, aber ich bin trotzdem stolz darauf, was geleistet wurde, wer mir wie geholfen hat. Sowas vergisst man einfach nicht. Einem männlichen Kollegen habe ich viel über mich und meine Angst vor den Prüfungen erzählt. Er hörte mir immer aufmerksam zu und gab mir Tipps. Einer seiner Tipps, über den ich lachen musste, es aber gleichzeitig befolgt habe: er sagte mal zu mir, ich solle mir Eier wachsen lassen und lachte. Er meinte, also nicht solche Eier.. Du weißt schon, steh zu dem was du tust! Er war der Einzige dem ich mich so anvertrauen konnte...
Danach habe ich meine PDL mittags nochmal gesehen und mein Großer Wunsch war es ja auf dem WB wo ich gelernt hatte auch nach der Ausbildung als Examinierte zu bleiben, das wusste meine PDL. Die Direktorin und die PDL haben immer gesagt: es ist nicht gut, wenn man auf dem WB bleibt wo man gelernt hat, da es häufig auftritt, dass die Schüler dann auch nach dem Examen weiterhin als Schüler gesehen werden. Ich dachte mir immer: Nein, bitte nicht. Dann die Nachricht mittags nach meiner praktischen Prüfung: Sie dürfen nach der Ausbildung auf dem WB 1 bleiben.  Eine Unterschriftensammlung nach 3 Monaten Pflegehelfer und eine Bleibe auf dem WB nach dem Examen habe es dort noch nicht gegeben, erzählte mir die PDL. Ich war so stolz und
freute mich natürlich, dass auch die Direktorin immer zusagte.
Nach meinem Examen ging es dann erst richtig los. Meine damalige Praxisanleiterin zeigte mir, wie ich mit den Medikamenten umgehen muss, wie ich Tabletten zustelle, was ich alles beachten muss, wenn jemand aus dem KH wieder kommt usw. Es hat keine Woche gedauert, da kamen die ersten Krankmeldungen. Der Norovirus war auf Station ausgebrochen. Wir waren nur noch 2 gesunde Fachkräfte + Pflegehelfer. Heißt: eine Fachkraft im FD und eine im SD. Ergo: es ging los, ich war alleine! Meine ersten Schichten als alleinige Fachkraft auf Station und als Schichtleitung hatten begonnen. Und das war auch die Zeit, als ich dann nicht mehr als Schülerin gesehen wurde. Es war Stress pur, das muss ich keinem erzählen. Wir hatten auch bis vor kurzem eine Pflegehelferin, die selbst eine Behinderung hatte und 30 Jahre fast im Haus gearbeitet hat. Sie war zusätzlich nochmal zu alldem Ganzen eine Herausforderung. Ging nicht immer gut mit Bewohnern um, machte Sachen oft kaputt, fiel oft hin. Bis sie dann eines Tages im SD einen sehr heftigen epileptischen Anfall hatte. Danach war sie nochmal da und hat sich bei allein bedankt, das ganze Team hat geweint und war gerührt. Soviel dazu. Dann hatten wir eine Pflegefachkraft, die ihre Probezeit nicht bestanden hat. Das war 2016. Wir reden teilweise heute noch über sie. Eine Person, die uns damals auf Station den Boden unter den Füßen weggerissen hatte. Hetzte den einen gegen den anderen auf, sagte sehr schlimme Sachen zu den Vorgesetzten. Behandelte Ärzte und Therapeuten wie Abschaum. Auszubildende und Praktikanten waren für sie nur die Laufburschen. Bis wir es dann endlich mal gerafft hatten, was sie da tat. In dem Moment waren wir alle auch sehr froh, dass unsere Direktorin sie nach der Probezeit nicht übernahm. Gespalten ist das Team teilweise deswegen heute noch. Es ist Wahnsinn, wie eine einzige Person, in kürzester Zeit so viel kaputt machen konnte. Aber wir als Team sind füreinander da und haben immer auf uns aufgepasst! Wir sind eine kleine aber feine Familie. In den fast 5 Jahren, die ich jetzt dort arbeite, habe ich sehr viel erlebt, viele kommen und gehen sehen, viele weinen sehen, viele fluchen gehört. Aber es wendet sich immer alles wieder zum Guten. On Top: Der junge Mann, der sagte, ich solle mir 'Eier wachsen' lassen ist nun mein fester Partner. Vor ca. 2 Jahren haben wir unsere Liebe füreinander entdeckt, und sind nun erst ein gutes halbes Jahr zusammen. Das toppt für mich persönlich sogar fast alles, da ich ihn am Anfang gar nicht mochte. Aber so ist es ja oft :)

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